Wichtige Tipps und Informationen zur Zwangsversteigerung

1. DIE VORBEREITUNG

Lernen Sie das Verfahren einer Zwangsversteigerung kennen, bevor Sie selbst aktiv mitbieten. Am besten ist es, Sie nehmen als Zuschauer an mehreren Versteigerungsterminen verschiedener Immobilien teil. So erhalten Sie einen guten Einblick in das Prozedere.

2. DIE VERSTEIGERUNGSAKTE

Haben Sie eine passende Immobilie gefunden, sollten Sie über das Objekt so viele Informationen wie möglich sammeln. Schauen Sie sich insbesondere die Versteigerungsakte mit dem Wertgutachten an.
Die Versteigerungsakte können Sie beim Amtsgericht einsehen. Darin sind unter anderem Auszüge aus dem Grundbuch, das Wertgutachten der Immobilie, u.U. ein Auszug aus dem Baulastenverzeichnis und die Forderungsanmeldung gesammelt. Das Wertgutachten wird von einem vom Gericht bestellten Sachverständigen erstellt und enthält in der Regel Angaben zum Bauzustand und der Vermietungssituation, zur Lage und den Anschlüssen an öffentliche Versorgungsnetze. Es informiert über die laufenden Kosten, eventuell auch über Sondernutzungsrechte und den Verkehrswert. Manchmal enthalten diese auch Bilder des Objektes. Wertgutachten können Sie sich vom zuständigen Gläubiger - meist Banken - zuschicken lassen, oder beim Amtsgericht einsehen.
Teilweise verschicken auch die Amtsgerichte selbst diese Wertgutachten. Achten Sie bitte darauf, wenn Sie das Wertgutachten lesen, ob der Gutachter das Objekt von innen besichtigen konnte!

Um die Angaben in den Unterlagen zu verstehen, sind die folgenden Begriffserklärungen nützlich:

Der Sachwert > Mit dem Sachwert einer Immobilie wird der Gesamtwert einer Immobilie rein materiell ermittelt. Der Bodenwert, der Gebäudewert und der bauliche Wert der zugehörigen Außenanlagen werden zu seiner Berechnung herangezogen. Auf Grundlage des ermittelten Sachwertes wird durch die Finanzierungsinstitute die Vergabe von Immobiliendarlehen beurteilt.

Der Verkehrswert > Festgesetzt wird der Verkehrswert meist aufgrund eines Wertgutachtens. Der Verkehrswert gibt den gegenwärtigen Marktwert des Objekts an, d. h. den Preis, der bei einer freiwilligen Veräußerung möglicherweise zu erzielen wäre. Dieser Betrag kann für Bietinteressenten eine Orientierungsmöglichkeit sein, muss aber nicht geboten werden. Es kann auch zu einem niedrigeren Preis ersteigert werden.

Der Beleihungswert > Das ist der Wert der Immobilie aus Sicht des zuständigen Kreditinstitutes. In der Regel beträgt er höchstens 80% des Verkehrswertes.

3. DIE BESICHTIGUNG

Einen Anspruch auf eine Besichtigung haben Sie nicht. Vielfach helfen aber die Gläubiger bei der Terminvereinbarung.
Setzen Sie sich am besten mit diesen in Verbindung. Haben Sie eine Besichtigung vereinbart, sollten Sie zum Termin einen Bausachverständigen mitnehmen, der Sie beraten kann. Ebenso sollten Sie die Immobilie von außen besichtigen. Achten Sie auf evtl. Lärmbelästigungen. Wir empfehlen Ihnen das Objekt und die Umgebung auch zu verschiedenen Tageszeiten zu besichtigen.

4. DIE SICHERHEITSLEISTUNG

Rechnen Sie als Bieter damit, dem Gericht eine Sicherheitsleistung in Höhe von 10% des Verkehrswertes vorzulegen zu müssen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Sicherheitsleistung zu stellen:

  1. in Form eines Bundesbankschecks oder eines Verrech- nungsschecks eines deutschen Kreditinstituts. Der Scheck darf von der Bank frühestens am dritten Werktag vor dem Versteigerungstermin ausgestellt sein.
  2. durch eine unbefristete, unbedingte und selbstschuldnerische Bankbürgschaft.
  3. durch rechtzeitige Überweisung oder Bareinzahlung auf ein Konto der Gerichtskasse.
  4. eine Barzahlung ist ausgeschlossen.

5. DIE FINANZIERUNG

Die Finanzierung Ihrer ersteigerten Immobilie sollten Sie im Vorfeld bereits geregelt haben. Denn schon 4 bis 8 Wochen nach dem Versteigerungstermin ist die Zahlung des von Ihnen gebotenen Betrags an das Gericht fällig, abzüglich der im Vorfeld gezahlten Sicherheitsleistung. Weitere Hinweise hierzu erhalten Sie mit dem Zuschlagsbeschluss.

Wie jeder Immobilienkäufer sind Sie zur Zahlung der Grunderwerbssteuer verpflichtet. Der Betrag errechnet sich aus dem jeweiligen Gebot und den Rechten, die weiterhin bestehen. Notargebühren fallen bei Zwangsversteigerungen nicht an, allerdings erhebt das Amtsgericht eine Zuschlagsgebühr. Sie orientiert sich an der Höhe des Gebots.
Des Weiteren entstehen die üblichen Eintragungskosten beim Grundbuchamt durch die Umschreibung des Eigentums sowie ggf. für die Finanzierung einzutragender Grundpfandrechte

6. DIE DOKUMENTE

Bringen Sie zum Zwangsversteigerungstermin unbedingt einen gültigen Personalausweis oder Reisepass mit. Bieten Sie für Dritte, benötigen Sie eine öffentlich beglaubigte Bietvollmacht. Firmenvertreter müssen Ihre Vertretungsberechtigung durch einen beglaubigten Handelsregisterauszug nachweisen, der nicht älter als 2 Wochen sein sollte.

7. DEN TERMIN PRÜFEN

Da es kurzfristig zu Terminänderungen oder Aufhebungen kommen kann, sollten Sie sich wenige Tage vor der Versteigerung den Termin vom Amtsgericht bestätigen lassen.

8. DER BEKANNTMACHUNGSTEIL

Leiter des Verfahrens von der Antragstellung bis zur Verteilung der Erlöse ist der Rechtspfleger. Er eröffnet den Termin, indem er die wichtigsten Daten der Immobilie sowie den Verkehrswert nennt. Er verkündet die Versteigerungsbedingungen, wie z B. die Gläubigerrechte. Mit der Aufforderung zur Abgabe der Gebote endet der Bekanntmachungsteil.

9. DIE BIETSTUNDE

Im Anschluss an die Bekanntmachungen folgt die Bietstunde. Die Bietzeit beträgt mindestens 30 Minuten. Sie wird verlängert, wenn weitere Gebote abgegeben werden.
Während der Bietzeit haben Sie die Möglichkeit, Fragen zum Objekt zu stellen. Gebote werden mündlich abgegeben. Haben Sie ein Gebot abgegeben, verlangt der Rechtspfleger Ihren Personalausweis oder Ihre Vollmachtsurkunde zur Identitätsprüfung. Bedenken Sie: Abgegebene Gebote können nicht wieder zurück genommen werden! Sobald der Rechtspfleger das letzte Gebot dreimal wiederholt hat und keine weiteren Gebote abgegeben werden, ist die Bietzeit beendet.

10. DIE ZUSCHLAGSVERHANDLUNG

Nach Ablauf der Bietzeit wird der Zuschlag in der Regel verkündet. Mit Verkündung des Zuschlags geht das Eigentum - mit allen Rechten und Pflichten - sofort auf den Ersteher über, eine notarielle Beurkundung und die Grundbucheintragung sind hierfür nicht erforderlich.
Der bisherige Eigentümer verliert mit dem Eigentumswechsel (Zuschlag) das Recht zum Besitz und kann mittels einer vollstreckbaren Ausfertigung des Zuschlagsbeschlusses geräumt werden.
In eventuell bestehende Mietverhältnisse treten Sie ein. Wenn Sie einen Kündigungsgrund haben (z.B. begründeten Eigenbedarf), können Sie ein sogenanntes Ausnahmekündigungsrecht geltend machen und die Mietverträge zum ersten gesetzlich zulässigen Termin kündigen. Allerdings ist die Rechtslage zu diesem Thema sehr komplex, so dass Sie gegebenenfalls anwaltliche Beratung in Anspruch nehmen sollten.

Aber: Zum Schutz des bisherigen Eigentümers gibt es Wertgrenzen, unter denen kein Zuschlag erteilt werden darf:

Wertgrenzen (Gebotshöhen)

5/10 Grenze > Liegt das vorliegende Meistgebot unter 50% des festgesetzten Verkehrswertes, muss das Gericht den Zuschlag aus Schuldnerschutzgründen von Amts wegen versagen.

7/10 Grenze > Erreicht das Meistgebot zwar 50%, nicht aber 70% des Verkehrswertes, und stellt der betroffene Gläubiger einen entsprechenden Antrag, versagt das Gericht ebenfalls den Zuschlag.

In diesen Fällen findet ein neuer Versteigerungstermin statt, in dem die Mindestgrenzen nicht mehr gelten.
Wenn dem Gläubiger ein Gebot - auch über 70% des Verkehrswertes - nicht ausreicht, kann er den Zuschlag noch durch eine einstweilige Einstellung des Verfahrens verhindern. Gleiches gilt entsprechend bei Teilungsversteigerungen

11. ÜBERNAHME VON BELASTUNGEN

In der Regel sind von dem Ersteher keine geldwerten grundbuchlichen Belastungen zu übernehmen. Ob Sie im Einzelfall zusätzlich zu dem zu zahlenden Gebot im Grundbuch eingetragene Rechte übernehmen müssen, wird vom Gericht im Versteigerungstermin festgestellt.

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